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Frotteurismus ist der Fachausdruck für eine erotische Leidenschaft, die beim Reiben an Personen ausgelöst wird. Wenn du beispielsweise in einer vollbesetzten U-Bahn stehst und sexuell erregt wirst, wenn du dich ungefragt an einer fremden Person reibst, dann ist das Frotteurismus und natürlich unerwünscht und unerlaubt.
Die erotische Praktik selbst wird Frotting genannt. Obwohl auch Frotteurismus Frotting beinhaltet, sind die beiden Begriffe nicht untrennbar miteinander verbunden. Wir erklären dir die Unterschiede und ordnen ein, ob Frotteurismus eher ein Kink oder eine psychische Störung ist.
Frotting ist keine Störung, sondern eine Sexualpraktik
„Frottieren“, „Frotting“ oder „Frottage“ ist keine Störung, sondern eine Vorliebe, die viele Männer haben. Es ist herrlich praktisch, wenn du dich an deinem Lover reiben kannst, ohne dass ihr eure Klamotten ausziehen müsst. Das funktioniert dann sogar am Badesee, am Strand oder auf einer Party, ohne dass ihr ein öffentliches Ärgernis erregt.
Frotteurismus ist eine Paraphilie
Wenn ein Mensch unter Frotteurismus leidet, gehört das Phänomen zu den sogenannten Paraphilien. Die Besonderheit hierbei ist, dass die sexuelle Erregung beim Frotteurismus nicht aus der Reibung allein stammt, sondern aus der Tatsache, dass das Gegenüber damit nicht einverstanden ist.
Frotting ist absolut okay, wenn dein Partner genauso Lust darauf hat. Frotteurismus impliziert aber, dass diese Reibung „heimlich“ und unerwünscht erfolgt und daher handelt es sich um eine Paraphilie.
Man geht davon aus, dass Frotteuristen sich nicht nur durch die Reibung selbst stimulieren, sondern durch den Gefahr, an einem öffentlichen Ort erwischt zu werden.
Die sogenannte frotteuristische Störung kann auf verschiedene Arten behandelt werden. Meist wird auf eine Kombination aus Medikamenteneinnahme (Antidepressiva) und Psychotherapie gesetzt. Es gibt allerdings kaum wissenschaftliches Material dahingehend, was den Menschen am meisten hilft. Daher wird Frotteurismus so behandelt, wie es bei den meisten anderen Paraphilien auch passiert.
Was ist ein Frotteur?
Bei all den Begriffen kannst du schon mal durcheinander kommen. Frotteure sind erstmal Menschen (meist Männer), die sich an anderen reiben und dadurch Lust gewinnen. Ob dahinter ein Frotteurismus steckt oder ob der „Frotteur“ das „Frotting“ einfach nur als eine Form der sexuellen Lustgewinnung sieht, ist individuell verschieden. Nicht jeder Frotteur leidet unter Frotteurismus, aber die meisten unter Frotteurismus leidenden Menschen sind auch aktive Frotteure.
Wenn du dich an deinem Partner reibst oder ihr eure Schwänze aneinander reibt, bis ihr kommt, dann seit ihr Frotteure. Da ihr beide damit einverstanden seid, leidet ihr aber nicht unter Frotteurismus! Für euch ist Frotting einfach nur eine lustvolle Praktik, die gut in euer sexuelles Spiel passt.
Wann ist Frotting normal und wann ist es eine Störung?
Ob Frotting mit viel Gleitgel und Geilheit einfach nur ein lustvoller Kink oder Ausdruck einer behandlungsbedürftigen Störung ist, hängt nicht von der Handlung selbst, sondern vom Kontext und vom Einverständnis ab.
Die Unterscheidung zwischen einvernehmlicher Lust und krankhafter Neigung ist wichtig, wenn es darum geht, zwischen Frotting als Spielart und Frotteurismus als psychische Störung zu differenzieren.
So kannst du Frotting und Frotteurismus voneinander unterscheiden:
- Einvernehmlichkeit: Beim Frotting sind beide (oder alle) Beteiligten damit einverstanden, beim Frotteurismus fehlt die Zustimmung.
- Ort und Rahmen: Frotting findet im privaten oder halböffentlichen Raum statt, mit klarer Absprache. Frotteurismus passiert oft heimlich, z.B. in Menschenmengen, wo das Gegenüber überrascht wird.
- Motivation: Frotting dient der gemeinsamen Lust. Beim Frotteurismus spielt der Reiz des Unerlaubten, die Macht über das Gegenüber oder der Kick durch das Risiko eine zentrale Rolle.
- Reue und Einsicht: Wenn du dich nach dem Frotting wohlfühlst und deine Lust teilst, handelst du konsensuell. Frotteuristen hingegen leugnen ihr Verhalten meist und zeigen auch dann keine Einsicht, wenn sie andere verletzen.
- Wiederholung und Zwang: Frotting ist eine Entscheidung, Frotteurismus kann zum Zwang werden. Betroffene können ihre Lust auf Reibung oft nicht mehr kontrollieren.
Die Grenze verläuft also nicht bei der Handlung, sondern dort, wo Zustimmung aufhört und psychischer Druck beginnt. Wenn du oder jemand aus deinem Umfeld Schwierigkeiten hat, das eigene Verhalten zu kontrollieren oder Menschen ohne ihren Willen berührt werden, handelt es sich um krankhaften Frotteurismus, der Behandlung bedarf.
Wie entwickelt sich Frotteurismus und warum betrifft es meist Männer?
Die Ursachen sind bis heute nicht klar geklärt und vermutlich multifaktoriell. Mehrere psychologische, biologische und soziale Faktoren können eine Rolle spielen.
Untersuchungen zufolge sind laut DSM-5 bei etwa 30 Prozent der erwachsenen Männer Tendenzen zum Frotteurismus vorhanden. Das bestätigt Psychology Today (englischsprachige Quelle). Als verwandte Störung wird hier über „Toucherismus“ berichtet. Dahinter steckt eine ähnliche, aber nicht identische Paraphilie. „Toucheristen“ berühren fremde Personen unerlaubt, meist an intimen Orten, mit den Händen.
Da Impulskontrollstörungen, mangelnde emotionale Reife, Traumata und restriktive Sexualerziehung zu den Hautgründen von Frotteurismus gehören sollen, sind junge Männer oft übermäßig betroffen. Sie leiden unter den Auslösern häufiger als weibliche Personen.
Was sagt das Strafrecht? Frotteurismus und rechtliche Konsequenzen
Juristisch ist Frotteurismus als sexuelle Nötigung oder Belästigung einzuordnen, da unerlaubte Berührungen ohne Einwilligung eine Straftat darstellen. Schon „leichte“ Reibungen am Körper können strafrechtlich relevant sein. Gemäß § 177 StGB (sexuelle Nötigung, – Erpressung, – Missbrauch) ist Frotteurismus strafbar. Wenn du belästigt wurdest, hast du das Recht Anzeige zu erstatten, auch wenn der Täter aus der Menge verschwunden ist.
Es kann eine gerichtliche Therapiepflicht angeordnet und mit Sanktionen verbunden werden. Die wenigsten Frotteuristen wenden sich freiwillig an eine Beratungseinrichtung, meist ist der Kontakt mit der Justiz die Initialzündung für die Therapie.
Frotting in der queeren Community ist lustvoll, sicher und konsensuell
In queeren Kreisen wird Frotting häufig als einvernehmliche und erotische Sexualpraktik geschätzt. Bei klarer Absprache steht hier die gegenseitige Lust im Vordergrund. Die Handlung findet einvernehmlich statt, fern von Frotteurismus. Frotting ist ein Ausdruck von Intimität und Verbundenheit, manchmal ohne Entkleiden, manchmal aber auch nackt.
Wenn ihr beide die Reibung wünscht und davon erregt werdet, leidet ihr nicht unter Frotteurismus. Selbst wenn Frotting eure absolute Lieblingsbeschäftigung im Bett ist, hat das nichts mit einer Krankheit zu tun. Die wird erst dann relevant, wenn Frotting ohne Einverständnis und mit psychischem Druck praktiziert wird. Wenn das Recht des anderen nicht mehr an erster Stelle steht, sondern die Befriedigung des eigenen Wunsches die Oberhand gewinnt, ist es eine strafrechtlich relevante Störung.
Das würde aber nicht nur fürs Frotting gelten. Wenn ein Mensch fremde Menschen auf der Straße zum Lustgewinn küsst, ist das ebenfalls eine strafbare Störung. Küssen selbst ist aber weit entfernt davon, problematisch zu sein. Mach dir also keine Sorgen, wenn du gern „frottest“, damit verstößt du mit Konsens gegen keinerlei Gesetz und hast auch keine Störung.
