TasP: HIV-Schutz durch Therapie – wie sicher ist dieser Ansatz?

TasP Symbolbild: Zwei Hände mit medizinischen Handschuhen halten eine große und eine kleine Aids-Schleife. TasP Symbolic image: Two hands wearing medical gloves hold a large and a small AIDS ribbon.
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Bei der Prävention von HIV-Infektionen spielt der Ansatz TasP eine zunehmende Rolle. Diese vier Buchstaben stehen übersetzt für „Therapie als Prävention“ also HIV-Schutz durch Therapie. Praktisch übersetzt verstehen wir darunter den Versuch, einen HIV-positiven Menschen zu behandeln und die Nachweisgrenze des Virus zu drosseln. Ist die Viruslast nicht mehr nachweisbar, ist eine Ansteckung beim Sex quasi unmöglich. Du könntest dann auch Geschlechtsverkehr mit einer eigentlich infizierten Person haben, ohne dass du selbst HIV bekommst. Wie das funktioniert, wie sicher TasP ist und was es zu beachten gibt, verraten wir dir.

Wie funktioniert TasP in der Praxis?

Wir wissen längst, dass HIV kein sofortiges Todesurteil ist und der Ausbruch von Aids mit effektiver Therapie über Jahrzehnte verzögert werden kann. Trotzdem führt der Kontakt mit einer HIV-positiven Person nach wie vor zu Ängsten und Sorgen, besonders wenn es um Sex geht.

Reißt das Kondom, wird in der Klinik schnell eine Postexpositionsprophylaxe durchgeführt, um die Infektion zu verhindern. Das funktioniert zwar zuverlässig, ist aber eine enorme Belastung. TasP setzt auf einen anderen Ansatz. Hier geht es nicht darum, im Notfall zu reagieren, sondern im Vorfeld zu verhindern, dass eine Ansteckung stattfindet.

Durch die Einnahme von antiretroviralen Medikamenten wird die Vermehrung von HI-Viren im Körper deutlich reduziert und gehemmt. Nimmst du als Betroffener deine Medikamente zuverlässig und regelmäßig ein, kann die Viruslast im Blut unter Umständen nicht mehr nachweisbar sein. Ab diesem Zeitpunkt gilt HIV als nicht mehr übertragbar. Es sind dann sogar sexuelle Kontakte ohne Kondom möglich, TasP schützt aber nur vor HIV, nicht vor anderen sexuell übertragbaren Erkrankungen.

Die Rolle von „U“ bei der TasP

Du wirst bei Themen rund um TasP immer wieder auf den Buchstaben „U“ stoßen, der eine wichtige Rolle spielt. „U = U“ steht für „undetectable = untransmittable“. Auf Deutsch übersetzt heißt das so viel wie: „Was nicht ermittelbar ist, kann auch nicht übertragen werden“.

Die Deutsche Aidshilfe berichtet, dass über 550 HIV-Organisationen weltweit ihre Unterschrift zu diesem Satz geleistet haben und dass sogar die CDC der Vereinigten Staaten „U = U“ für gegeben hält.

Im Magazin der Deutschen Aidshilfe wird dem Thema kontroverse Bedeutung geschenkt. So weist man darauf hin, dass die Aussage als bemerkenswert erachtet wird. Es gibt keinen wissenschaftlichen Beweis dafür, dass es nicht zur Infektion kommt.

Nun haben allerdings Studien der letzten Jahre bis 2018 immer wieder belegt, dass nicht detektierbare HI-Viren nicht auf andere Personen übertragen werden.

Meilensteine der vergangenen Jahrzehnte hat die Aidshilfe festgehalten, sie reichen bis 1998 zurück:

  • 1998 beobachtete man erstmals, dass eine dreifache, antivirale Therapie die Übertragungsrate reduzierte. Aus dem gleichen Jahr stammt die erste Expertenmeinung die besagt, dass eine Therapie die Gefahr der Übertragung hemmt.
  • Zwischen 2000 und 2005 gab es mehrere Forschungen und Beobachtungsstudien zum Thema, 2008 kamen neue Expertenmeinungen und Reviews der bisher gesammelten Daten hinzu.
  • 2011 führten randomisierte Studien erstmals zu belegbaren Daten.
  • 2017 gingen Beobachtungsstudien weiter, es gab erste Daten zur Gefahr für homosexuelle Männer. Im gleichen Jahr wurden intensivere „U = U“-Kampagnen gestartet.

PARTNER-Studie belegte erstmals Sicherheit für schwule Paare

Für viele schwule Männer war die Angst vor einer HIV-Infektion jahrzehntelang ein fester Begleiter beim Sex. Gleich zwei internationale Studien (PARTNER und Opposites Attract) begleiteten über Jahre hinweg TasP erklärt: Erfahre, wie HIV-Schutz durch Therapie funktioniert und warum „U = U“ mehr ist als nur ein Slogan. Jetzt informieren!Paare, bei denen ein Partner mit HIV infiziert war, der andere nicht. Entscheidend dabei war, dass die HIV-positiven Männer unter wirksamer Therapie standen und die Viruslast unterhalb der Nachweisgrenze lag.

Das Besondere: Trotz zehntausender Male Sex ohne Kondom kam es in keinem einzigen Fall zu einer HIV-Übertragung. Weder die 91 homosexuellen PARTNER-Paare mit anderen STIs noch die 358 schwulen Paare aus Opposites Attract zeigten eine Übertragung.

Für die Gay-Szene zeigt sich damit ganz deutlich, dass „U = U“ nicht nur eine Theorie ist, sondern Realität. Gerade für homosexuelle Männer ist dieser Befreiungsschlag wichtig, denn die Angst vor HIV in der Szene erschwert spontane sexuelle Kontakte. Eine stabile Therapie sorgt gegenüber HIV-positiver Männer für Vertrauen, reduziert Stigmatisierung und Angst.

Wie funktioniert der Ansteckungsschutz in der Praxis?

Nimmt eine HIV-positive Person seine HIV-Medikamente zuverlässig ein, verhindern diese im Körper die Weitervermehrung der HI-Viren. Nach einer Zeit der konsequenten Therapie kann HIV nicht mehr nachgewiesen werden. Mediziner sprechen von einer Viruslast, die sich unterhalb der Nachweisgrenze befindet.

Getestet wird im Blut, der Effekt ist jedoch auch auf andere Körperflüssigkeiten wie Ejakulat übertragbar.

Laut bisheriger Erkenntnisse und Studienergebnissen schützt TasP genauso effektiv oder sogar besser als Kondome. Wichtig ist aber noch einmal zu erwähnen, dass andere STI weiterhin übertragen werden können. Schutz durch Therapie ist aber mittlerweile eine anerkannte Methode für Safer Sex, wenn wir nur auf HIV schauen.

Wie lange funktioniert TasP?

Der Schutz setzt nicht sofort mit Beginn der antiviralen Therapie ein, sondern erst nach frühestens einem halben Jahr, wenn die Viruslast nicht mehr nachweisbar ist. Der infizierte Patient muss seine Medikamente zuverlässig und konsequent einnehmen. Wenn du das bei deinem Gegenüber nicht nachweisen kannst oder ihm nicht glaubst, ist TasP nicht sicher.

Wichtig ist außerdem, dass die HIV-positive Person alle drei Monate einen Bluttest in der HIV-Ambulanz oder einer erfahrenen Fachpraxis durchführen lässt. Hier wird das Ergebnis verifiziert, sodass TasP langfristig sicher bleibt.

Zwar müssen die Medikamente nicht minutiös täglich zur gleichen Zeit erfolgen, Kontinuität ist aber wichtig. Ein einmaliges Vergessen gefährdet laut FAQ der Aidshilfe Konstanz den Therapieerfolg nicht. Wurden mehrere Einnahmen vergessen, kann das Einfluss auf die Viruslast haben. Ein Wiederanstieg lässt sich nicht sicher ausschließen.

Grundsätzlich kann die Wirkung von TasP im Laufe der Jahre nachlassen. Dafür kommen verschiedene Ursachen in Betracht. Aus diesem Grund gilt die „Verhütungsmethode“ nur dann als vollständig, wenn einmal im Quartal Bluttests durchgeführt werden.

Kann man mit TasP wirklich auf Kondome verzichten?

In festen Partnerschaften mit Vertrauen ist Schutz durch Therapie eine wirksame Methode, eine HIV-Übertragung zu verhindern. Du musst dir immer selbst die Frage stellen, wie sicher du dir bezüglich der Bedingungen bist. Weißt du ganz genau, ob dein Gegenüber seine Medikamente pünktlich und zuverlässig einnimmt? Wurden alle ärztlichen Kontrollen rechtzeitig durchgeführt? Auf Kondome solltest du nur dann verzichten, wenn du dir 100 Prozent sicher bist. Wenn du nicht viel über dein Gegenüber weißt und es sich um Gelegenheitssex handelt, schützen zum Beispiel gefühlsechte Kondome besser als TasP, weil du sie kontrollieren kannst. Außerdem musst du bedenken, dass ein effektiver Schutz vor HIV nicht gleichzeitig einen effektiven Schutz vor Gonorrhoe, Chlamydien und vielen anderen STIs bewirkt.

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