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Vermutlich denkst du sofort an Fesseln und Dominanz, wenn du den Begriff BDSM hörst. Dabei steckt hinter dieser Bezeichnung weit mehr als irgendwelche Handschellen, Lederharnische oder sonstige Toys. Sobald du dich ein bisschen stärker auf diese spannende Welt einlässt, merkst du schnell, dass für die Akteure der verschiedenen Spielarten auch Sicherheit, Konsens und Kommunikation eine wichtige Rolle spielen. Damit Sessions nicht nur geil, sondern auch verantwortungsvoll ablaufen, haben sich in der Szene verschiedene BDSM-Prinzipien entwickelt. Vielleicht hast du schon mal von SSC, RACK oder PRICK gehört. Was genau diese Begriffe bedeuten, erzählen wir dir in diesem Beitrag.
Warum BDSM-Prinzipien wichtig sind
Bevor wir in die einzelnen Konzepte einsteigen, ist eine kurze Einordnung sinnvoll, was BDSM überhaupt ist. BDSM steht für Bondage & Discipline, Dominance & Submission, Sadism & Masochism. Es geht also um einvernehmliche Machtspiele, das Ausleben von Fantasien und oft auch um extreme Reize.
Gerade weil hier mit körperlicher, psychischer oder emotionaler Intensität gespielt wird, braucht es für diese Spiele klare Regeln. BDSM-Prinzipien helfen dir, dich selbst und andere besser zu schützen, die Verantwortung für deine Rolle zu übernehmen und gesunde, vertrauensvolle Beziehungen aufzubauen. Lust entsteht ja immer dort, wo Vertrauen herrscht.
SSC-Prinzip: Safe, Sane, Consensual (sicher, gesund, einvernehmlich)
Eine der wohl bekanntesten BDSM-Prinzipien ist SSC. Es legt den Fokus auf die drei Elemente Safe (sicher), Sane (gesund) und Consensual (einvernehmlich).
Safe (sicher) will dich daran erinnern, als Beteiligter sämtliche Aktivitäten so zu gestalten, dass niemand zu Schaden kommt, weder körperlich noch emotional. Um dies zu erreichen, ist es sinnvoll, mit Safe Words zu arbeiten. Auch der bewusste Umgang mit möglichen Risiken während der Sessions trägt zur Sicherheit bei.
Sane (bei Verstand/gesund) drückt aus, dass du und alle Beteiligten während eurer Aktivitäten bei klarem Bewusstsein und geistiger Stabilität sein solltet. Das wird vor allem dadurch sichergestellt, dass ihr beispielsweise keine Drogen benutzt, Schutzmaßnahmen in Form von Kondomen ergreift, euch möglichst nicht in einer psychischen Ausnahmesituation (z. B. Verzweiflung, Trauer oder Wut) befindet und keine gefährlichen Impulsentscheidungen trefft.
Consensual (einvernehmlich) setzt die Freiwilligkeit all dessen voraus, was zwischen dir und deinem Partner/deinen Partnern passiert. Jede Aktion sollte freiwillig sein und im gegenseitigen Einvernehmen geschieht. Hier gilt der Grundsatz, dass Konsens nicht verhandelbar ist.
Das BDSM-Prinzip SSC stellt sicher, dass BDSM-Sessions innerhalb klarer Grenzen stattfindet, jederzeit kontrollierbar bleibt und in einem risikoarmen Rahmen geschieht. Besonders Anfänger fühlen sich mit SSC meist sehr wohl.
RACK: Risk Aware Consensual Kink (risikobewusster, einvernehmlicher Kink)
RACK (Risk Aware Consensual Kink) ist sozusagen die Weiterentwicklung des SSC-Prinzips. Es kann dir einen Rahmen bieten, wenn du etwas tiefer in die Szene eintauchen und bewusst mit Risiken spielen willst.
Zur Idee hinter RACK gehört zuerst einmal das Risk Aware. Das bedeutet, dass du dir möglicher Risiken bewusst bist und sie in Kauf nimmst. Zum Beispiel weißt du, dass Nadeln oder Atemkontrolle körperliche Folgen haben können, und entscheidest dich trotzdem dafür, weil du physisch und mental vorbereitet bist. Zum RACK-Prinzip gehört außerdem der Begriff Consensual, was bedeutet, dass auch bei risikobewussten Aktionen der Konsens zwischen den Beteiligten essenziell leibt und nicht verhandelbar ist. Kink ist das letzte Element des RACK-Prinzips und legt den Fokus auf deine individuellen Vorlieben. Gesellschaftliche Normen treten also in den Hintergrund.
PRICK – Personal Responsibility, Informed, Consensual, Kink
PRICK ist ein Prinzip, das deine Eigenverantwortung in den Mittelpunkt rückt. Es kombiniert Elemente von SSC und RACK, geht aber noch einen Schritt weiter. Das wichtigste Element ist die Personal Responsibility. Damit soll ausgedrückt werden, dass du alleine die volle Verantwortung für dein Tun während einer Session trägst. Das gilt nicht nur für das, was du selbst willst, sondern auch für das, was du deinem Partner zumutest. Dazu kommt der Begriff „informed“, durch den deutlich werden soll, dass Entscheidungen auf ausreichender Information getroffen werden. Soll heißen: Du weißt, worauf du dich einlässt, und hast auch deinen Spielpartner aufgeklärt. Der Begriff Consensual hat beim PRICK-Prinzip die gleiche Bedeutung, wie bei SSC und RACK. Das Wort Kink zeigt auch bei diesem Prinzip den Fokus die individuelle Spielart.
FRIES: modernes BDSM-Prinzip
FRIES ist eine Abkürzung und steht ebenfalls für ein Konsens-Leitkonzept im BDSM, an dem du dich orientieren kannst. FRIES verbindet die Anfangsbuchstaben bestimmter Aspekte, die du beim BDSM für dich (und deinen jeweiligen Partner) als Leitlinie nutzen kannst. Konkret steht FRIES für:
F – Freely given (dt.: freiwillig gegeben), also das von allen freiwillig und ohne Druck gegebene Einverständnis zu dem, was in der Session geschieht.
R – Reversible (dt.: widerrufbar), was bedeutet, dass du dein Einverständnis jederzeit zurücknehmen kannst.
I – Informed (dt.: informiert) besagt, dass alle Akteure über Praktiken, deren Risiken und Sicherheitsmaßnahmen informiert sind.
E – Enthusiastic (dt.: enthusiastisch) heißt, die Mitmachenden freuen sich auf das gemeinsame Spiel und niemand macht etwas nur dem anderen zuliebe.
S – Specific (dt.: spezifisch) drückt aus, dass du dein Einverständnis spezifisch für eine spezielle Session, eine bestimmte Praktik oder eine vereinbarte Dauer gegeben hast. Es ist also nicht als eine Art Generalvollmacht zu verstehen.
FRIES ein sehr modernes Prinzip, welches vor allem Wert auf regelmäßige Konsensgespräche und sichere Informationen legt. Aus diesen Gründen eignet es sich auch für Anfänger.
YKINMKBYKIO wie bitte?
Ein Grundprinzip im BDSM ist das etwas umständliche YKINMKBYKIO, das natürlich wieder eine Abkürzung ist und richtig gelesen folgenden Ausspruch ergibt:
Y-our K-ink I-s N-ot M-y K-ink B-ut Y-our K-ink I-s O-kay
Frei übersetzt bedeutet das ungefähr „Deine Vorliebe ist nicht meine Vorliebe, aber deine Vorliebe ist okay.“ Dieses Prinzip klingt zwar umständlich, zeigt aber gut, worum es geht, nämlich um Akzeptanz innerhalb der BDSM-Szene. Selbst wenn ein Fetisch, ein Kink oder eine Vorliebe extrem ausgefallen ist und ihn jemand nicht nachvollziehen kann, ist er trotzdem nicht zu verurteilen.
DEBRIS: Dominanz durch präsente Authentizität
Als Domination Enhanced Beyond Rule Induced Superiority (DEBRIS) wird ein modernes BDSM-Konzept beschrieben, bei dem du klassische Vorstellungen von Dominanz hinter dir lässt. Dieses Prinzip besteht nicht darauf, Regeln ganz stur durchzusetzen oder allein durch formal geltende Machtverhältnisse irgendeine Kontrolle zu übernehmen. Wenn du DEBRIS praktizierst, vertraust du weniger auf äußere Strukturen, sondern entwickelst deine Dominanz durch Authentizität, Präsenz und ein feines Gespür für dein Gegenüber. Es ist sozusagen eine Einladung, Dominanz neu zu denken. Sie wird zu etwas, das über bloße Überlegenheit hinausgeht und echte Verbindung zwischen dir und deinem jeweiligen Partner schafft.
Total Power Exchange (TPE)
Dieses Konzept beschreibt eine intensive Form von BDSM-Beziehung. In einer TPE-Beziehung übergibst du als submissiver Part die volle Verantwortung übergibst sie dem dominanten Partner, der sie übernimmt. Die Besonderheit liegt in der Übergabe beziehungsweise Übernahme nicht nur für die Dauer einer Session, sondern für den gesamten Alltag. Ziel ist nicht die Kontrolle um der Kontrolle willen. Vielmehr wählst du ein tiefes, bewusst gewähltes Machtgefälle, das auf Vertrauen, Einvernehmlichkeit und klarer Kommunikation beruht. Wenn du TPE lebst, gestaltest du deine Beziehung also als dauerhaftes Machtspiel, in dem die Rollen, Aufgaben und Entscheidungsgewalt klar verteilt sind. Diese Form der Hingabe oder Führung kann zutiefst erfüllend sein, wenn sie achtsam, reflektiert und respektvoll gelebt wird.
Complete and Irrevocable Submission (CIS)
Darunter versteht man in der BDSM-Szene ein radikales Konzept, das die völlige und unumkehrbare Hingabe an jemanden beschreibt. Es ist im Grunde die radikalisierte Form einer TPE-Beziehung. Wenn du dich auf CIS einlässt, übergibst du deine gesamte Entscheidungsfreiheit dauerhaft als grundsätzliche Lebenshaltung an deinen Partner. Dem CIS-Prinzip zu folgen, erfordert ein extremes Maß an Vertrauen, Selbstkenntnis und innerer Klarheit. Das Ganze ist nicht einfach ein kurzfristiger Kick, sondern stellt einen tiefgreifenden, meist vertraglich und emotional gefestigten Zustand dar, in dem deine Identität als Sub vollständig mit deiner Rolle verschmilzt. Wichtig ist aber, dass deine Zustimmung freiwillig erfolgt und du über die Konsequenzen informiert bist. Zudem muss die Möglichkeit bestehen, dass deine Zustimmung jederzeit rechtlich widerrufbar ist, auch wenn du dich eigentlich „unumkehrbar“ unterwirfst.
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